Quid, Simoneta? Negas relatam gratiam,
qui de tyranni non ita es meritus patre?
At dira fratrem quaestio iam absorbuit.
Et tu perieras, sed datum hoc est gratiae,
tormenta quod post multa non occideris.
Nam, ut innocentem te probes, nil egeris.
„Immo“, inquis, „est relata. Sed tyrannica.“
Quid, Simoneta? Negas relatam gratiam,
qui de tyranni non ita es meritus patre?
At dira fratrem quaestio iam absorbuit.
Et tu perieras, sed datum hoc est gratiae,
tormenta quod post multa non occideris.
Nam, ut innocentem te probes, nil egeris.
„Immo“, inquis, „est relata. Sed tyrannica.“
Quid, Simoneta? Negas relatam gratiam,
qui de tyranni non ita es meritus patre?
At dira fratrem quaestio iam absorbuit.
Et tu perieras, sed datum hoc est gratiae,
tormenta quod post multa non occideris.
Nam, ut innocentem te probes, nil egeris.
„Immo“, inquis, „est relata. Sed tyrannica.“
Was, Simonetta? Du verneinst, dass dir gedankt wurde,
der du dich um den Tyrannen nicht ebenso verdient machtest wie um den Vater?
Doch die grausame Befragung hat deinen Bruder schon verschlungen.
Auch du wärst umgekommen, aber dieses Zeichen des Danks wurde erwiesen,
dass du nach vielen Qualen nicht getötet wurdest.
Denn du hast selbst nichts dafür getan, um dich als unschuldig zu erweisen.
„Ja freilich“, sagst du, „mir wurde gedankt. Doch von einem Tyrannen.“
Latomus nimmt hier Bezug darauf, dass nach dem Tod von Herzog Galeazzo Maria Sforza die Sekretäre um Giovannis Bruder Cicco und ihn selbst Galeazzos Frau Bona die Regentschaft gesichert hatten und als ihre Berater weiter dienten, da Galeazzos Sohn noch minderjährig war. De facto war Cicco in dieser Zeit Herrscher von Mailand und ließ die drei Brüder Galeazzos (darunter Ludovico) exilieren, da sie eine Gefahr für den jungen Gian Galeazzo (und auch Cicco selbst) darstellten. Es kam zu einem Bürgerkrieg, der mit dazu beitrug, dass Cicco von den Mailändern sukzessive negativ angesehen wurde (zusätzlich dazu, dass er kein gebürtiger Mailänder war und nicht nur viel Macht, sondern auch große Reichtümer angehäuft hatte). So stellte sich Bona schließlich auf Ludovicos Seite, der in Folge die Regentschaft übernahm und die beiden Simonetta (und wohl weitere) gefangen nehmen und foltern ließ. Cicco wurde schließlich auch hingerichtet, Giovanni aber freigelassen und zunächst der Stadt verwiesen. Wohl aufgrund seines Werkes zu Ehren von Ludovicos Vater durfte er ein paar Jahre später jedoch zurückkehren und wurde wohlwollend behandelt. (DBI, s. v. „Simonetta, Giovanni“; DBI, s. v. „Simonetta, Cicco“).
Mit dem „Tyrann“ ist also Ludovico gemeint, Latomus scheint aber dennoch die Geschehnisse so darzustellen, als hätten die Simonettas tatsächlich die Macht behalten wollen, jedenfalls könnte der v. 6 darauf hindeuten. Und/oder es geht hier eher darum, dass Giovanni, trotz Begnadigung, bei der überzeugten Unterstützung für Gian Galeazzo und der Positionierung gegen Ludovico blieb, wie es wohl in v. 7 durchklingt.
Werkbezug: Rerum gestarum Francisci Sfortiae commentarii.
E. g. „rebus“; „ut“.