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125.2 Gabriele Altilio*

Minciadae in ripa veteris prope moenia Mantus
errat et in Tusco concinit umbra lacu.
Dum canit, argutos cantus imitatur oloris
dulcius, extremum dum canit ante diem.
Scilicet Altilii post funera dulcis imago:
Nunc repetit patriae limina cara suae,
nunc tumulum invisit magni prope busta Maronis,
Sebethus placidis qua fluit amnis aquis.
Talis Persephone, talis Ledaea propago
alternis superas itque reditque vias.

Minciadae in ripa veteris prope moenia Mantus

errat et in Tusco concinit umbra lacu.

Dum canit, argutos cantus imitatur oloris

dulcius, extremum dum canit ante diem.

Scilicet Altilii post funera dulcis imago:

Nunc repetit patriae limina cara suae,

nunc tumulum invisit magni prope busta Maronis,

Sebethus placidis qua fluit amnis aquis.

Talis Persephone, talis Ledaea propago

alternis superas itque reditque vias.

Minciadae in ripa veteris prope moenia Mantus

errat et in Tusco concinit umbra lacu.

Dum canit, argutos cantus imitatur oloris

dulcius, extremum dum canit ante diem.

Scilicet Altilii post funera dulcis imago:

Nunc repetit patriae limina cara suae,

nunc tumulum invisit magni prope busta Maronis,

Sebethus placidis qua fluit amnis aquis.

Talis Persephone, talis Ledaea propago

alternis superas itque reditque vias.

Nahe der Mauern der altehrwürdigen Manto spazierte der Schatten

des Minciaden am Ufer und sang am etruskischen See.

In seinem Gesang ahmte er das helltönende Lied des Schwans nach,

noch süßer als dieser, wenn er vor seinem eigenen Tode singt.

Natürlich wurde seine süßsingende Seele in Altilio wiedergeboren:

Bald sucht er die teure Schwelle seiner Heimat wieder auf,

bald besucht er sein Grab nahe der Grabstätte des großen Maro,

wo der Fluss Sebeto mit seinen sanften Wassern fließt.

So wie Persephone, so wie die Nachkommen der Leda

schreitet er wieder und wieder auf irdischen Wegen.

v. 4: dulcibus 1577.
v. 8: quae 1561–1577.

v. 1: „Minciades, ae, m., aus der Nähe des Mincio gebürtig, der Minciade, Maro“ = Vergil (Georges 1913, s. v. „Mincius“); „Manto, us, f. [...] eine weissagende italische Nymphe, [...] Mutter des Oknus, der Mantua erbaute u. nach seiner Mutter benannte“ (Georges 1913, s. v. „Manto [2,II]“).

v. 8: Sebethus = „ein Flüßchen in Kampanien bei Neapolis“ (Georges 1913, s. v. „Sebethus“).

v. 9: Bei den Nachkommen der Leda handelt es sich hier um die Dioskuren Castor und Pollux, s. folgende Anm. (Georges 1913, s. v. „Leda [2]“).

Darstellung des Vergilius redivivus: Die Seele des verstorbenen Maro wurde in Altilio wiedergeboren und streift nach dessen Tod zwischen seinem Geburtsort Mantua und dem Bestattungsort beider in Neapel hin und her. Wie Persephone und die Nachkommen der Leda, die Dioskuren, die einen Teil ihrer Zeit in der Unterwelt/auf dem Olymp und den anderen Teil auf der Erde verbringen, alterniert auch die Seele Vergils zwischen einem Dasein als singende umbra und einer neuen Reinkarnation.

Der Topos des singenden sterbenden Schwans ist v. a. bekannt aus Horaz, carm. 4,2 und Cicero, Tusc. 1,73. Der Schwan spielt in diesem Kontext außerdem eine Rolle über Leda, der sich Zeus als Schwan näherte, und über die Verwandlung des Kyknos in einen Schwan, die Vergil in einer hier relevanten Prätext-Stelle beschreibt (Aen. 10,185–200).

Grenze.