Lubrica si tibi mens fuit et spinosior aequo,
ingenium certe nobile, Erasme, fuit.
Felix si mistas labruscas dulcibus uvis
prodiga desisset vinea ferre tua,
barbarie e media praeclarum sidus haberent
et te Varronem tempora nostra suum.
Hanc tamen inscriptam his titulis posuere columnam –
iactura hic laudum publica facta fuit.
Lubrica si tibi mens fuit et spinosior aequo,
ingenium certe nobile, Erasme, fuit.
Felix si mistas labruscas dulcibus uvis
prodiga desisset vinea ferre tua,
barbarie e media praeclarum sidus haberent
et te Varronem tempora nostra suum.
Hanc tamen inscriptam his titulis posuere columnam –
iactura hic laudum publica facta fuit.
Lubrica si tibi mens fuit et spinosior aequo,
ingenium certe nobile, Erasme, fuit.
Felix si mistas labruscas dulcibus uvis
prodiga desisset vinea ferre tua,
barbarie e media praeclarum sidus haberent
et te Varronem tempora nostra suum.
Hanc tamen inscriptam his titulis posuere columnam –
iactura hic laudum publica facta fuit.
Wenn auch dein Sinn schlüpfrig war und dorniger als billig,
war deine Begabung, Erasmus, sicherlich berühmt.
Ein Glück wäre es für dich gewesen, hätten deine übervollen Reben,
keine wilden Reblinge gemischt mit süßen Trauben getragen.
Unser Zeitalter hätte inmitten der rohen Fremde einen glänzenden
Stern gehabt und dich als seinen Varro angesehen.
Dennoch errichtete es dir diese Säule, mit dieser Inschrift versehen –
hier ist ein Verlust an Ruhm öffentlich gemacht worden.
Passend zum Inhalt von Giovios Vita äußert sich Vitale hier ambig zu Erasmus. In den vv. 3-6 wirft er ihm vor, seinem Zeitalter kein neuer (Marcus Terentius) Varro gewesen zu sein, sein herausragendes Talent also nicht für den richtigen Zweck genutzt zu haben. Entgegen der Behauptung des tamen in v. 7 ist auch das letzte Distichon doppeldeutig, denn die columna kann eine Ehrensäule oder aber eine Schandsäule sein und die iactura kann entweder den Verlust der Nachwelt durch Erasmus' Ableben oder Erasmus' Verlust seines guten Rufes sein. Letzterer würde gerade durch Vitales Gedicht deutlich gemacht, da his titulis wohl auf die ersten drei Distichen zu beziehen ist. Vgl. auch die Anmerkung zu diesen Versen bei den ‚Stilmitteln‘.
Werkbezug: satirische Werke, e. g. Laus stultitiae, Ciceronianus.
Eventuell auch Bezugnahme auf Erasmus' Elogium in Giovios Werk – columna verwiese dann auf den ganzen Textblock auf/in dem sich die tituli (=Vitales Epigramm) befinden.
Zeitalter für darin lebende Menschen.
Nicht leicht einzuordnen/festzumachen; spitzfindig; berühmte Person/Führungsfigur.
Erasmus schuf nicht nur allseits bewunderte Werke, sondern übte bisweilen auch scharfe Kritik und verfasste Satiren.